Tobias Authmann ist Diplom-Biologe und seit vielen Jahren als Fachreferent für Gefahrstofflagerung und Arbeitssicherheit für die DENIOS Academy tätig. Sein Spezialgebiet ist die Unfallprävention mit Schwerpunkt Gefahrstofflagerung und -handling. Hier ist er bereits einem breiten Publikum als Experte und kompetenter Ansprechpartner bekannt. Wir haben mit ihm über seine Erfahrungen gesprochen.
Überall, wo Stoffe bewegt oder gehandhabt werden, ist letztendlich auch die Möglichkeit einer Leckage gegeben. Dazu gehört der Umgang mit den Stoffen am Arbeitsplatz, aber auch die gesamte Thematik des Ein- und Auslagerns. Bereiche, in denen größere Gebinde mit Hub- oder Flurförderzeugen aus dem Lager geholt oder eingelagert, vom LKW entnommen oder verladen werden, sind so zum Beispiel besonders unfallgefährdet.
Das Leckage-Notfall-Training ist eine Schulung, die sich vor allem an Anwender richtet. Also an diejenigen, die im Lager oder an der Werkbank mit gefährlichen Flüssigkeiten arbeiten und bei einer Leckage die ersten vor Ort sind, die schnell und richtig reagieren müssen. Unter den Teilnehmern sind aber auch Sicherheitsfachkräfte, die sich mit der Notfallplanung und -vorsorge befassen.
Diese Frage lässt sich gar nicht pauschal beantworten, da es letztendlich von Unternehmen zu Unternehmen extrem stark variiert. Es kommt auch darauf an, ob und wie intensiv man sich schon im Vorfeld mit der Thematik auseinandergesetzt hat. Tendenziell sind große Unternehmen, die zum Beispiel entsprechende Zertifizierungen anstreben oder ein systematisches Umweltmanagement betreiben, bereits gut vorbereitet und aufgestellt. Ihnen geht es vor allem um die Optimierung einzelner Schritte in der konkreten Handhabung einer Leckage. Bei anderen sind die Unsicherheiten eher grundsätzlicher Natur: Warum sollte man sich überhaupt mit dem Thema Leckagemanagement befassen? Hier gehe ich im Theorieteil verstärkt auf die Gesetzgebung und Haftungsfragen ein. Andere wiederum haben das Problem, dass die Mitarbeiter gar nicht wissen, wo die Bindemittel im Ernstfall zu finden sind. Sie merken: Die Unsicherheiten sind höchst unterschiedlich. Daher richte ich das Training immer so aus, wie der Kunde es braucht und gehe während der Schulung individuell auf die spezifischen Gegebenheiten ein.
Eines der schlimmsten Dinge, die Ihnen im Notfall passieren können, ist nicht genügend Bindemittel zur Verfügung zu haben. Ursächlich dafür kann zum Beispiel eine fehlerhafte Mengenberechnung sein. Für das erforderliche Volumen von Auffangwannen besagt eine technische Regel, dass mindestens der Inhalt des größten darauf gelagerten Gebindes aufgefangen werden muss. Genauso sollte man auch die am Risiko-Ort vorhandenen Gebinde als potentiell mögliche Leckagemenge einkalkulieren und Bindemittel mit entsprechendem Aufnahmevermögen vorhalten. Stellt man nur Material für 200-Liter-Fässer bereit und es geht ein IBC kaputt, wird man der Leckage nicht mehr Herr – egal, wie gut die Mitarbeiter ansonsten geschult und vorbereitet sind.
Auch der Verbrauch im täglichen Betrieb ist hier ein wichtiges Thema. Häufig fallen bei der Arbeit typische Kleinleckagen an – wenn etwa gekleckert oder geschmiert wird. Auch dafür werden Bindemittel benutzt und der Bestand sukzessive in kleinen Mengen verbraucht. Wenn dann der Tag X mit einem größeren Leckage-Zwischenfall kommt, ist der benötigte Soll-Bestand auf einmal nicht mehr erfüllt. Daher empfehle ich immer, Verbrauchs- und Notfallmaterial getrennt voneinander vorzuhalten. Verbrauchsmaterial kann beispielsweise als Rollenware auf einem Wandhalter für die Mitarbeiter zugänglich sein, während das Notfallmaterial separat in einer verplombten Kiste aufbewahrt wird. Mindestens aber sollte der Verbrauch dokumentiert und das Material ab einer gewissen Grenze wieder aufgestockt und nachbestellt werden. Hier macht es Sinn, dies auch so in der Betriebsanweisung festzulegen und einen Verantwortlichen zu bestimmen, der regelmäßige Bestandskontrollen durchführt. Natürlich ist es auch fatal, wenn im Fall der Fälle nicht die passenden Mittel zur Verfügung stehen.
Generell sollte man sich daher im Vorfeld folgende Fragen stellen: Welche Flüssigkeiten gibt es überhaupt auf dem Betriebsgelände? Über welche Mengen sprechen wir? Wo werden diese aufbewahrt bzw. wo wird mit ihnen umgegangen? Wo sind Leckagen am ehesten zu erwarten, d.h. wo besteht ein erhöhtes Risiko? All das kann man im Vorfeld einkalkulieren, um z.B. in der Nähe von Risiko-Bereichen entsprechende Bindemittel vorzuhalten.
Ganz klar: Damit im Ernstfall keine Zeit verloren geht. Unternehmen sollten nicht nur einen konkreten Notfallplan aufstellen, sondern diesen auch im Vorfeld kommunizieren und erproben – genauso wie man auch Evakuierungsübungen für den Brandfall durchführt. Das ist zum einen sinnvoll, um mögliche Schwachpunkte in der Planung an sich auszuloten, bei denen nachgebessert werden muss. Zum anderen, damit im Notfall jeder Handgriff sitzt. Gerade, wenn sich eine Leckage in nächster Nähe eines Bodenablaufs oder Gullys ereignet, muss alles schnell und reibungslos von Statten gehen. Wenn die Mitarbeiter dann nicht bestens geschult sind, haben sie ein echtes Zeitproblem und machen womöglich einige riskante Fehler. Hier denke ich zum Beispiel an die Verschleppung der Leckage im Betriebsumfeld, das falsche Anlegen der persönlichen Schutzausrüstung oder die Verursachung von Kontaminierungen beim Entsorgungsvorgang. Durch regelmäßige Testläufe können die Mitarbeiter die richtigen Abläufe verinnerlichen, unter ungefährlichen Bedingungen Fehler machen und daraus lernen. Zu verbessern gibt es erfahrungsgemäß immer etwas – bei den Trainings, die ich betreue, kommt es äußerst selten vor, dass von Anfang an alles reibungslos funktioniert.
Beim Leckage-Notfall-Training werden die Teilnehmer so fit gemacht, dass sie optimal auf den Ernstfall vorbereitet sind. Zunächst beschäftigen wir uns in einem Theorieteil mit den gesetzlichen Grundlagen, der Planung von Notfallmaßnahmen und der Notfallausrüstung. Die reale Umsetzung im Leckagefall wird schließlich in mehreren Durchläufen praktisch erprobt. Dabei gebe ich Hinweise zu Optimierungspotentialen, korrigiere Fehler und zeige all die kleinen Kniffe, die im Notfall Sicherheit bringen und Zeit sparen. Bei der Gestaltung des Trainings lege ich sehr viel Wert darauf, die individuellen betrieblichen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Vor dem Training frage ich daher bei den Unternehmen ab, mit welchen Gefährdungen im Betrieb zu rechnen ist, mit welchen Stoffen umgegangen wird und ob ggf. besondere Betriebsanweisungen zu berücksichtigen sind. Darauf wird dann passgenau im Training eingegangen. Auch ist es mir wichtig, dass unter realistischen Bedingungen geübt wird – also auch mit den richtigen Gebindegrößen. Wenn das Unternehmen mit 30-Liter-Kanistern umgeht, dann arbeiten wir mit Kanistern – wenn mit IBCs umgegangen wird, dann arbeite ich beim Training auch mit IBCs
Das Wichtigste ist zunächst einmal, die Situation richtig einzuschätzen: Was genau ist ausgelaufen, welche Gefahren gehen im schlimmsten Fall von der ausgelaufenen Flüssigkeit aus? Und dann nichts im Bereich der Leckage anzufassen, bevor man nicht mit der adäquaten Schutzausrüstung ausgestattet ist!
Oft fragen mich die Teilnehmer meiner Trainings: „Kann ich nicht erst dies und jenes machen? Sonst geht doch soviel Zeit verloren!“. Wenn man aber erst einmal den einen Handgriff getan hat, ist es jedoch typisch menschlich, dass man auch noch den nächsten macht. Und dann noch einen und noch einen – und schon ist es ganz schnell geschehen, dass man irgendwie doch Hautkontakt mit einer Chemikalie hat, sich vergiftet oder sich in sonst einer Weise schädigt. Mir ist wichtig, dass die Anwender mitnehmen: Ich mache überhaupt nichts, bevor ich nicht geschützt bin. Selbstschutz ist das allerwichtigste.
Minimum sollten dabei immer Schutzhandschuhe, Schutzbrille und ein geschlossener Sicherheitsschuh sein. Je nach Gefährlichkeit der ausgelaufenen Flüssigkeit kann auch zusätzlich noch Atem- oder sogar Vollschutz benötigt werden. Hier sollte die Betriebsanweisung aber auch vorschreiben, ab welcher Leckagemenge oder Gefährlichkeit des Stoffes die Leckage gar nicht mehr durch Mitarbeiter, sondern durch eine externe Stelle – z.B. die Werkfeuerwehr – zu bereinigen ist.
DENIOS Academy: Wir machen Sie fit für den Ernstfall – vor Ort in Ihrem Unternehmen!
Der Notfallplan für den Leckagefall sollte im Betrieb nicht nur bekannt sein, sondern im Idealfall auch geübt werden. Im Seminar „Leckage-Notfall-Training“ der DENIOS Academy trainieren Sie unter professioneller Anleitung das richtige Verhalten im Ernstfall und optimieren Ihr internes Risikomanagement. Die Schulung führen unsere Gefahrstoff-Experten vor Ort in Ihrem Unternehmen durch. So können die Seminarinhalte konkret und passgenau auf Ihre betriebliche Situation zugeschnitten werden.
Die Fachinformationen auf dieser Seite wurden sorgfältig und nach bestem Wissen und Gewissen erarbeitet. Dennoch kann die DENIOS GmbH keine irgendwie geartete Gewährleistung oder Haftung, sei es vertraglich, deliktisch oder in sonstiger Weise, für Aktualität, Vollständigkeit und Richtigkeit weder gegenüber dem Leser noch Dritten gegenüber übernehmen. Die Verwendung der Informationen und Inhalte für eigene oder fremde Zwecke erfolgt demnach auf eigene Gefahr. Beachten Sie in jedem Fall die örtlich und aktuell geltende Gesetzgebung.
Rufen Sie uns an oder füllen Sie das Formular aus, wir melden uns umgehend bei Ihnen zurück.